Was ist die Lieblingssaison von Rheumabetroffenen? Kaum der Winter, schon gar nicht, wenn sich die Eistage aneinanderreihen, die sich bei Nässe noch kälter anfühlen, als die Thermometer anzeigen.
Tiefe Temperaturen und nasskaltes Wetter können körperliche Spannungszustände erhöhen, chronische Schmerzen verstärken und die Erschöpfung verschlimmern. Zudem schlägt der graue Winterhimmel vielen aufs Gemüt.
Trotzdem kann die Kälte auch einen therapeutischen Nutzen entfalten. Gerne geben wir einen kurzen Überblick über die Kältetherapie bei Rheuma.
Lokale Anwendungen von Kälte
Sei es der Lappen bei Fieber, die kühlende Salbe bei einem Insektenstich oder das Eis-Pack bei Sportverletzungen: Lokale Kälteanwendungen sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Sie hemmen im betroffenen Gewebe die Entzündungen und setzen den Schmerzreiz in ein Konkurrenzverhältnis zum Kältereiz.
In dieser Konkurrenzsituation kann der Kältereiz den Schmerzreiz überlagern und von ihm ablenken. Zudem verlangsamt die Kälte die Nervenleitgeschwindigkeit, so dass weniger bad news zum Gehirn und mithin ins Bewusstsein gelangen.
Die lokale Kältetherapie ist auch bei chronisch-entzündlichen Rheumaerkrankungen sinnvoll und möglich. Empfohlen werden Kälteanwendungen im akuten Schub (wohingegen in der symptomarmen Remissionsphase besser Wärmeanwendungen erfolgen).
Die Ganzkörper-Kältetherapie
Etliche Rheumabetroffene profitieren von regelmässigen kurzen Aufenthalten in der Kältekammer. Darin wird die Temperatur bei extrem trockener Luft auf -110 °C hinuntergekühlt.
Man betritt die Kammer nach einer kurzen Angewöhnungsphase in der kühl temperierten Vorkammer in Badekleidung sowie ausgestattet mit einem Kälteschutz für Ohren, Hände und Füsse. Der Aufenthalt dauert maximal drei Minuten, während derer man in der Kammer langsam umhergeht.
Der intensive Kälteschock übt auf einer grossen Hautoberfläche einen starken Stressreiz aus. Im Bestreben, seine Kerntemperatur aufrechtzuerhalten, schüttet der Körper zahlreiche schmerz- und entzündungshemmende Botenstoffe (Hormone) aus. Und zwar sowohl in der Kältekammer selber als auch nachher draussen, in der Phase der Wiederaufwärmung.
Empfehlungen zur Kältetherapie
Therapie, nicht Wellness
Die Kältekammer ist kein Wunderding. Für den Fettabbau durch Kälte gibt es keine belastbaren wissenschaftlichen Beweise. In dieselbe Kategorie gehören die angeblich verschönernden und verjüngenden Effekte der Kältetherapie. Das sind Marketingbotschaften für Gesunde, die auf den Schönheits- und Anti-Aging-Trend ansprechen. Chronisch kranke Menschen hingegen sollten sich auf den therapeutischen Zweck der Kältetherapie konzentrieren.
Kälte nur in Kombination
Die Kältetherapie ist keine Ursachenbehandlung und hat einmalig und allein auch keine langfristige Wirkung. Die Rheumaliga empfiehlt, Kälteanwendung immer mit weiteren Therapie- und Selbsthilfemassnahmen zu kombinieren. Nutzen Sie zum Beispiel die Symptomlinderung nach dem Besuch der Kältekammer für ein intensiveres Muskel- und Beweglichkeitstraining! Wissenschaftliche Untersuchungen bescheinigen der Kältetherapie bei Rheuma und chronischen Schmerzen eine Wirkung nur in derartigen Kombinationen.
Kontraindikationen
In Einzelfällen ist von einer Kältetherapie abzuraten. Zu den Kontraindikationen zählen ein sehr hoher Blutdruck (weil sich der Blutdruck unter dem Kältereiz noch weiter erhöhen kann) sowie Durchblutungsstörungen wie das Raynaud-Syndrom. Dabei ziehen sich die Blutgefässe der Finger oder Zehen, seltener auch der Ohren oder der Nase, bei Kälte anfallsartig zusammen, um den Blutfluss minutenlang zu unterbrechen. Holen Sie sich also unbedingt vorab ein ärztliches Okay für den Aufenthalt in der Kältekammer!
Fachliche Prüfung: Martina Rothenbühler, Physiotherapeutin, Rheumaliga Schweiz
Veröffentlichung: 16. Januar 2024